SVU dokumentiert Ramsis Kilanis Stellungnahme zur Begründung der Bundesschiedskommission der Linken für seinen Ausschluss aus der Partei der Linken:
Die Ausschlussbegründung der Bundesschiedskommission der Partei Die Linke legt das politische Motiv hinter dem Scheinprozess gegen mich offen. Die Berliner Landesschiedskommission begründete, dass meine konsequent palästinasolidarischen Positionen Die Linke hindern, »für den Staat und innerhalb des Staates Verantwortung zu tragen«.
Die Bundesschiedskommission stimmte dem zu, weil meine Positionen »in den sozialen Medien von großer Reichweite sind und auch durch Zeitungen aufgegriffen« werden. Das beschränke »die Partei in ihrer Bündnisfähigkeit mit anderen demokratischen Parteien« (sprich: SPD, Grüne, CDU, FDP, etc.). Der Hintergrund meines Parteiausschlusses ist demnach die Unterordnung unter die deutsche Staatsräson zur Unterstützung Israels im Sinne einer Regierungsbeteiligung.
Ausschluss basiert auf IHRA-Definition zu Antisemitismus
Die Bundesschiedskommission argumentiert, mein Teilen eines Beitrages der Jüdischen Stimme für Gerechten Frieden in Nahost sei für sich bereits ein Ausschlussgrund. Durch die jüdischen und israelischen Linken würde »Israel grundsätzlich dämonisiert«.
»Dämonisierung« ist eines der 3 Ds des sogenannten »3D-Tests zu Antisemitismus« des ehemaligen Politikers von Netanjahus rechtsradikaler Likud-Partei, Natan Sharanski. Dieser führte Kampagnen gegen Ehen zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Menschen. Der 3D-Test prägte die unwissenschaftliche und politisch instrumentalisierbare IHRA-Definition zu Antisemitismus.
Damit missachtet die Bundesschiedskommission den Beschluss des Bundesparteitages gegen die IHRA und für die Jerusalemer Deklaration zu Antisemitismus (JDA). Die Bundesschiedskommission erhebt ihre eigene politische Behauptung zum Bewertungsmaßstab, dass die Hamas nicht über Jahrzehnte israelischer Besatzungs- und Siedlungspolitik zu erklären ist, sondern über »eliminatorischen Vernichtungsantisemitismus« gleich dem NS-Faschismus.
Begründung im Konflikt mit Parteitagsbeschlüssen
Damit übernimmt sie den auf dem Berliner Landesparteitag mit demokratischer Mehrheit abgelehnten Geschichtsrevisionismus eines Antrags des aus der Linkspartei ausgetretenen Regierungspolitikers Klaus Lederer und anderer Parteirechter. Die Bundesschiedskommission handelt als eigenständiger politischer Akteur entgegen gleich mehrerer Parteibeschlüsse.
Einige Lügen wie die erfundene »Billigung von sexualisierter Gewalt« gegen eine israelische Besatzungssoldatin oder das von rechten Medien gefälschte Zitat zu »Morden an Israelis« werden von der Bundesschiedskommission zwar infolge meiner bekannten öffentlichen Widerlegungen als gefälscht zugegeben. Im selben Atemzug werden diese aber durch neue Fälschungen ersetzt, die weiter vom eigentlichen Ausschlussmotiv der Anpassung an Staatsräson, bürgerliche Medien und Parteien ablenken.
Bürokratische Manöver im Flügelkampf
Die Bundesschiedskommission interpretierte die eigene Parteisatzung um, damit mir das Recht auf das letzte Wort in einer Anhörung verweigert werden konnte. Die ehemaligen Antragstellenden verschickten einen Tag vor der Verhandlung am 11. Oktober ein Schriftstück mit neuen Unterstellungen. Die Quellen dafür wurden mir verwehrt, bis ich sie anwaltlich über eine Akteneinsicht einfordern musste.
Ort und Uhrzeit des verschobenen Endtermins erhielt ich wie diese erst fünf Tage vor dem Ausschluss am 22. November ohne letztes Wort, ohne Anhörung. Bei dem Ausschlussverfahren gegen den Parteirechten Andreas Büttner, der eine israelische Annexion der Golanhöhen in Syrien befürwortet, wurde andersrum den Antragstellenden Termin und Ort nicht mitgeteilt. Über die Antragsablehnung wurden sie erst im Nachhinein informiert. Die Parteirechten werden systematisch gedeckt, Parteilinke marginalisiert und ausgeschlossen.
Das Übergehen von Parteibeschlüssen in der Ausschlussbegründung, die Fälschungen und Angriffe gegen jüdische, palästinensische und alle anderen antiimperialistischen Linken sind Ausdruck von Bürokratisierung und Parlamentarismus. Sie zielen auf alle linken, internationalistischen Parteimitglieder ab.
Politisch handlungsfähig bleiben
Das laufende Parteiausschlussverfahren gegen die Bundessprecherin der Linksjugend [solid] Martha Chiara Wüthrich aus Thüringen und der Ausschlussantrag gegen den Linke-Kandidaten Leon Habekost in NRW zeigen: Die Ausschlusskampagne gegen Palästinasolidarität geht weiter. Selbst ein Genozid wird der Machtoption in einer Regierung zur Verwaltung des kapitalistischen Staates untergeordnet.
Diese Entwicklungen sind ein Bruch mit dem bisherigen Stand in der Partei, als antiimperialistische und revolutionäre Positionen noch geduldet wurden. Der organisierte Kampf um diese Positionen wird dadurch umso mehr erschwert und verschwendet Zeitkapazitäten. Meine Solidarität gilt dennoch auch denjenigen, die weiter versuchen innerhalb der Partei Die Linke für Veränderungen zu streiten.
In diesen drängenden Zeiten will ich mit unserer eigenständigen Gruppe Sozialismus von unten politisch handlungsfähig bleiben. In gemeinsamen Bewegungen gegen Rechts und gegen den Genozid in Gaza sowie in Kämpfen gegen Sozialabbau und Militarismus setzen wir uns weiter für eine befreite, sozialistische Gesellschaft ein.
Bild: Protest gegen den Auschluss für der Parteizentrale der Partei der Linken (Foto von SVU)