Generation Deutschland: Nie wieder HJ! 

Die AfD will am 29. und 30. November in Gießen ihre neue Parteijugend gründen. Deren Name »Generation Deutschland« klingt harmlos. Doch dahinter steckt der Wille zum Aufbau einer faschistischen Terrortruppe unter dem Kommando von Höcke & Co. Von Irmgard Wurdack und Gerrit Peters

Schon die Junge Alternative (JA), die vorherige AfD-Jugendorganisation, war eine Kaderschmiede für Nazis und zugleich Scharnier zum rechten Terror. Die AfD hat die JA auf ihrem Parteitag in Riesa Anfang des Jahres nicht aufgelöst, weil sie zu radikal war. Grund für die Auflösung war einzig, sie gegen ein mögliches Verbot abzusichern. Die JA war ein Verein und hätte nach dem Vereinsrecht leicht verboten werden können – das Parteienrecht sieht größere Hürden vor.

Indem sie die Jugendorganisation als Parteigliederung neu gründet, will die AfD im Gegenteil militante Neonazis und ihre Netzwerke stärker an die Partei binden. Deshalb sprach sich auch keiner der offenen AfD-Nazis dagegen aus — weder der bisherige JA-Vorsitzende und MdB Hannes Gnauck, ein Zeitsoldat, den der Militärgeheimdienst der Bundeswehr (MAD) als faschistisch einschätzt, noch der inoffizielle »Führer« der Partei, Björn Höcke.

Rekrutierungsoffensive unter jungen Nazis

Die AfD setzt seit Monaten überall in Deutschland alles daran, Neonazis unter 35 Jahren zu rekrutieren und das nicht nur in Ostdeutschland. Die Aufnahme von Dennis Busch in Nordrhein-Westfalen etwa, der zuvor in der neonazistischen Bürgerwehr »Bruderschaft Deutschland« aktiv war, ist kein Einzelfall, sondern symptomatisch.

Schon zuvor haben die AfD-Chefs in Bund und Ländern nur selten die inhaltliche Ausrichtung der JA kritisiert, sondern meist lediglich die mangelnde Integration des faschistischen Nachwuchses in die Partei. Das wollen sie ändern: In der neuen Parteijugend müssen die Jungnazis anders als bei der JA auch Parteimitglied sein.

Bekannte Verbündete

Die Liste der von der AfD zur Gründungsveranstaltung nach Gießen eingeladenen sagt einiges über die Ausrichtung der neuen Parteijugend aus. Nach Recherchen von WDR und NDR sollen dort u.a. die »Sezession« und der »Jungeuropa-Verlag« ihre Verbindungen mit den Jungnazis vertiefen. Der faschistische Verlag »Sezession« hat seinen Sitz auf dem Rittergut Schnellroda, das Björn Höckes Spiritus Rector, dem Netzwerker und Chefideologen der sogenannten Neuen Rechten, Götz Kubitschek, gehört. Der »Jungeuropa-Verlag« wiederum führt die faschistische Kampagnenagentur »Ein Prozent« und ist eng vernetzt mit den Nazis der Identitären Bewegung (IB). Mit dem »Filmkunst-Kollektiv« sowie »InfoDirekt« aus Österreich sind zwei weitere Sprachrohre der IB anwesend.

Dem »Ketzer der Neuzeit« will die AfD ebenfalls eine Bühne bieten., Das ist ein radikaler, fundamental-christlicher Influencer, der eng mit der MAGA-Bewegung und der evangelikalen Szene in den USA vernetzt ist. »Tichys Einblick«, »Junge Freiheit«, »Nius« oder »Apollo-News« sollen ebenfalls eingeladen worden sein – alles mehr oder weniger offen auftretende Nazi-Medien.

Mächtige Förderer

Dass es der AfD nicht um eine Mäßigung ihrer Jugend geht, zeigen auch die Fraktionen in Bund und Ländern. Deren Abgeordnete förderten schon die JA nach Kräften mit Mandaten oder Beschäftigungsverhältnissen in Abgeordnetenbüros. So eröffnen sie enorme Fördermöglichkeiten für das faschistische Vorfeld von Partei und Nachwuchs – durch Werbung, direkte und indirekte finanzielle Unterstützung. 

Im Bundestag sitzen neben Hannes Gnauck die bisherigen JA-Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt und Hessen. Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich, das selbst erklärte »freundliche Gesicht des NS«, den viele als »Höcke des Westens« sehen, zog mit großer Unterstützung der JA in den Bundestag ein.

Die vermeintlich gemäßigte Berliner AfD wählte bei ihrem Landesparteitag im Oktober mit Jan Streeck und Martin Kohler zwei bisherige JA-Kader auf vordere Listenplätze für die Wahl zum Abgeordnetenhaus im nächsten Jahr. Beide hielten aggressive Reden unter johlendem Applaus. Streeck etwa, als er brüllte: »Gegen Messerstecher und U-Bahntreter hilft nur eins: Remigration!« 

Der Chef der neuen Parteijugend

Dass es der AfD mit der Neugründung darum geht, den Grundstein für eine schlagkräftige Terrortruppe unter ihrem Kommando zu legen, zeigt die Parteispitze selbst: Sie favorisiert mit Jean-Pascal Hohm einen im Straßenkampf erfahrenen, offen völkischen und bestens vernetzten Nazikader als Chef der neuen Parteijugend. Hohms Verbindungen reichen von Pegida und der IB über »Ein Prozent«, der extrem rechten Fanszene von Energie Cottbus und militanten Nazis bis hin zu den italienischen Neofaschist:innen von »Casa Pound«, die sich selbst als »Faschisten des dritten Millenniums« bezeichnen.

In welche Richtung er die »Generation Deutschland« führen wird, zeigt sein unverhohlener Aufruf zum Terror deutlich: »Betreibt Kampfsport […] und werdet wehrhaft. Gerade in einer Situation, in der man unser Land, unsere Städte mit Millionen Kulturfremden flutet, die sich hier wie Eroberer verhalten, müssen wir uns verteidigen können.«

Mit Hohm, Busch & Co. will die AfD dem Aufbau einer künftigen SA einen Schritt näher kommen. Denn nur mit Gewalt und Terror kann sie ihre Ziele, millionenfache Deportationen und die Zerschlagung aller Organisationen der Arbeiterklasse sowie der parlamentarischen Demokratie, erreichen. 

Widersetzen!

Die Zeit drängt. Schon jetzt sind Einschüchterungen und die Gefahr von rechtem Terror sehr real. Am Tag der deutschen Einheit störten AfD-Abgeordnete und Anhänger:innen einen Bürgerdialog in Gauersheim (Rheinland-Pfalz) und bedrängten die Teilnehmenden.

Im November 2024 wurden acht Mitglieder, darunter AfD- und JA-Funktionäre, der »Sächsischen Separatisten« festgenommen. Sie hatten ethnische Säuberungen in Sachsen nach dem sogenannten »Tag X« des faschistischen Umsturzs geplant. Dann wollen sie mit ihren politischen Gegnern und all jenen, die Widerstand leisten, abrechnen.

Dafür hatten sie schon Tarnanzüge, Gefechtshelme und scharfe Waffen besorgt. Im Mai diesen Jahres flog eine rechte Terrorgruppe mit dem Namen »Letzte Verteidigungswelle« auf. Sie hatten Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkunfte durchgeführt und weitere geplant. Dafür hatten sie Kugelbomben mit hoher Sprengkraft beschafft.

Eine bundesweit organisierte und mit den finanziellen Mitteln der AfD ausgestattete Schlägertruppe wird die antifaschistische Gegenwehr nicht leichter machen. 

Um es mit den Worten von Erich Kästner zu sagen: »Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat.«

Daher ist es so wichtig, uns dem Gründungstreffen in Gießen zu widersetzen. Zahlreiche Beispiele von antifaschistischen Massenmobilisierungen gegen Nazis haben gezeigt: Wir können die Faschist:innen zurückdrängen, wenn wir breit mobilisieren und ihnen entschlossen entgegentreten.


Bild: www.widersetzen.com

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