SPD und Union sind sich einig: Sie wollen den Sozialstaat angreifen. Aber die von der »Jungen Gruppe« der Unionsfraktion geforderte Absenkung der Rente geht weit über das hinaus, was die SPD ihrer Basis verkaufen kann – und drückt die Koalition an den Rand einer Regierungskrise.
Nach derzeitigem Recht wachsen die Renten schwächer als die Löhne. Das hatten bereits vergangene Regierungen beschlossen, um die Lohnkosten für die Unternehmen zu senken.
Um die Folgen für die Rentner:innen abzudämpfen, haben sich die Regierungsparteien darauf geeinigt, die Renten mit Geldern aus dem Bundeshaushalt zu subventionieren und auf 48 Prozent des Lohnes zu halten – bis 2031.
Das ist an sich schon ein Sozialabbau. Denn die Subvention wird über die Steuern hauptsächlich von den Arbeitnehmer:innen gezahlt.
Aber der »Jungen Gruppe« der Jungen Union (JU) geht das noch nicht weit genug. Sie wollen das Geld lieber für andere Zwecke, wie die massive Aufrüstung der Bundeswehr oder Subventionen der energieintensiven Industrie, verwenden.
Der Konflikt geht um die Frage, was nach 2031 passiert. Ab da, so sind sich SPD und Union einig, soll das Rentenniveau wieder sinken. Aber während die SPD darauf beharrt, dass die Absenkung bei den aktuellen 48 Prozent beginnt, möchten die Hardliner in der Union direkt mit der niedrigeren Rente starten, wie sie ohne die momentanen Subventionen wäre. Die Rentner:innen bekämen damit bis 2040 120 Milliarden Euro weniger Rente.
Sozialabbau und Sozialpartnerschaft
Hintergrund dieser Attacke ist die krisenhafte Entwicklung des Kapitalismus, derer die Eliten nicht mehr Herr werden. Das deutsche Kapital möchte viel wirtschaftlich und militärisch investieren, um seine führende Stellung innerhalb der Europäischen Union zu halten und sich gegen die Konkurrenz auf dem Weltmarkt wie China, USA und Russland zu behaupten. Die dafür notwendigen Mittel will die Kapitalseite von der Arbeiterklasse holen.
Die Strategie der vergangenen Jahrzehnte, Sozialabbau und Angriffe auf die Arbeiterklasse im Rahmen einer Sozialpartnerschaft zu organisieren, gerät dabei an ihre Grenzen. Die SPD und ihre Verankerung im Gewerkschaftsapparat ist der Schlüssel für diese Strategie.
Aber will die SPD politisch überleben, muss sie wenigstens die Angriffe auf die Arbeitenden zeitlich strecken, damit die Kürzungen nicht so schmerzen. Einigen Kapitalfraktionen ist das zu langsam. Und so wächst im Arbeitgeber:innenlager die Hoffnung auf eine Koalition ohne SPD – für eine stabile Regierungsmehrheit schielen sie nach rechts zur AfD. So müssen wir die Äußerungen vom Verband der Familienunternehmer verstehen, das »Kontaktverbot« zur AfD aufheben zu wollen.
Massenproteste gegen Regierung
Andererseits bleibt den Eliten nicht verborgen, wie in Frankreich und anderen Ländern der von unten organisierte Widerstand gegen rechts und gegen Sparpläne ihre Interessen stören kann. Der CDU stecken noch die Massenproteste gegen AfD und CDU vom Februar in den Knochen. Dementsprechend setzte sich der Teil des Kapitals erst einmal durch, dem das Einreißen der »Brandmauer« noch zu riskant ist.
Die Rentendebatte zeigt: Ohne Mobilisierung in den Betrieben werden wir unseren Lebensstandard nicht erhalten können. Und weitere Proteste gegen die AfD wie in Gießen erhöhen für Merz den politischen Preis einer Zusammenarbeit mit den Faschist:innen.
Widerstand aufbauen
Grundsätzlich braucht es eine Organisation unter den Arbeiter:innen, eine revolutionäre Partei, die sich nicht den Sachzwängen des Kapitalismus verpflichtet sieht, sondern echten Fortschritt gegen das Kapital erkämpfen will.
Bild: Elke Wetzig (User: Elya), CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
