Buchvorstellung: »Die radikale jüdische Tradition. Partisanen, Revolutionäre und Widerstandskämpfer«

Die beiden Autoren von »Die radikale jüdische Tradition« Donny Gluckstein und Janey Stone waren am 7. November in Berlin, um ihr Buch vorzustellen. Rosemarie Nünning und Thomas Walter waren dabei.

Vor zwei Jahren veröffentlichten Donny Gluckstein und Janey Stone ihr Buch »The Radical Jewish Tradition. Revolutionaries, Resistance Fighters and Firebrands«. Der Verlag Die Buchmacherei hat es nun in deutscher Übersetzung herausgebracht und organisiert Veranstaltungen mit Autorin und Autor.

Donny Gluckstein, der in Edinburgh lebt und Mitglied der Socialist Workers Party ist, und Janey Stone, sozialistische Buchverlegerin aus Melbourne in Australien, sind beide jüdischen Hintergrunds. Ihnen ging es darum, der inzwischen überwältigenden zionistischen Erzählung dessen, was Judentum sei, eine Geschichte des jüdischen Klassenkampfs und Widerstands und eines linken bis revolutionär-sozialistischen Judentums entgegenzusetzen.

Buchvorstellung in Berlin

In das Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin waren etwa 70 Personen gekommen. Thomas Waimer von Die Buchmacherei leitete ein. Er erzählte, warum er sofort von dem Buch überzeugt war. Er verband es mit der Lage in Deutschland und der heutigen heftigen Unterdrückung der Solidaritätsbewegung mit Palästina. Neuerdings würde versucht, Hakenkreuzschmierereien auf jüdischen Friedhöfen Linken zuzuschreiben, statt Nazis. Palästinasolidarische Juden würden von der deutschen Polizei verprügelt und kriminalisiert. Kritik an Israel wird pauschal mit Antisemitismus gleichgesetzt. Deshalb sei dieses Buch gerade auch für deutsche Leser:innen eine lehrreiche Lektüre. 

Wieland Hoban von der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, der die Veranstaltung moderierte, ging auf den imperialistischen Hintergrund der Beziehung Israel – Deutschland ein und wie es zur Doktrin der »Staatsräson« kam. Donny Gluckstein sprach von seiner Prägung durch seine jüdische Mutter aus dem damaligen Apartheidstaat Südafrika und durch den jüdischen Vater aus Palästina. Dieser war übrigens später als »Tony Cliff« Mitbegründer der Socialist Workers Party in Großbritannien. 

Donny wies auf die Notwendigkeit des solidarischen Kampfs von Juden und Nichtjuden gegen Rassismus, Antisemitismus und die kapitalistische Ausbeutung hin. Die Herrschenden könnten sich als Minderheit nur durch eine Politik des »Teilens und Herrschens« an der Macht halten. Solidarität macht es also möglich, den Kapitalismus schließlich zu stürzen, wenn die Ausgebeuteten und die Unterdrückten sich nicht länger spalten lassen. Ein Beispiel dafür ist der erfolgreiche Kampf gegen die Faschisten in der Londoner Cable Street in den 1930er Jahren. 

Janey Stone stellte sich als Sozialistin und Antizionistin vor. Sie ist mit den Palästinenser:innen in ihrem Kampf gegen den israelischen Siedlerkolonialismus solidarisch. Während der Zionismus in seiner Praxis und Ideologie fest in der kapitalistischen Welt mit ihrem Kolonialismus, Unterdrückung, Kriegen und Nationalstaaten verankert ist, verwies Janey auf die sozialistische jüdische Tradition. Diese stehe für einen gemeinsamen Kampf gegen Ausbeutung (der Arbeiter:innenklasse) und Unterdrückung (zum Beispiel Rassismus) zusammen mit Nichtjuden. In ihrem Buch werden dafür Beispiele aus der Geschichte von Städten wie New York oder London gebracht.

Nicht »wie Lämmer zur Schlachtbank«

In der anschließenden Diskussion wurde die Frage angesprochen, ob sich »die Juden« wie »Lämmer auf die Schlachtbank« hätten führen lassen. Janey wies das nachdrücklich zurück. Sie nannte unter anderem Polen in den 30er Jahren und den jüdischen Widerstand gegen die Nazis. Selbst im Holocaust und in den Konzentrationslagern gab es noch Widerstand auch von Juden und Jüdinnen, wie sie betonte. 

Weiterhin wurde die Frage aufgeworfen, ob Antisemitismus und Rassismus dasselbe seien. Eine Diskussionsteilnehmerin wies darauf hin, dass mit dem Antisemitismus zusätzlich eine Art »reaktionärer Antikapitalismus« transportiert werde, in dem »die Juden« als Drahtzieher des Kapitalismus und Weltbankentums verantwortlich gemacht würden. Gerade dieses Element nutzten Faschisten aus, um sich als »antikapitalistische Systemsprenger« zu inszenieren, ohne aber den Kapitalismus ernsthaft angreifen zu wollen. Donny betonte, dass wir den Kampf gegen jede Variante von Rassismus führen müssen.

Die Berliner Veranstaltung wurde von Die Buchmacherei zusammen mit der Jüdischen Stimme und der Revolutionären Linken organisiert. Inzwischen gab es eine weitere Buchvorstellung in Hamburg mit ebenfalls etwa 70 Zuhörer:innen. Weitere Buchvorstellungen mit unterschiedlichen Organisator:innen folgen in den nächsten Wochen (z.B. 16.11. in Leipzig und 17.11. in Jena). Siehe die Termine auf der Webseite von Die Buchmacherei: diebuchmacherei.de/de_de/termine 

»Die radikale jüdische Tradition. Partisanen, Revolutionäre und Widerstandskämpfer«, aus dem Englischen von Thomas Weiß
diebuchmacherei.de/de_de/produkt/die-radikale-juedische-tradition 

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